Zutatenkennzeichnung


Alfeld, den 06.03.2007:

Zunächst geht es um den Wegfall der Kennzeichnungserleichterung für die zusammengesetzten Zutaten bis zu einem Anteil von 25 % im Endprodukt. Nach der bisher geltenden „25 %-Regel“ laut Richtlinie 2000/13/EG konnten zusammengesetzte Zutaten generell nur mit der Verkehrsbezeichnung im Zutatenverzeichnis auf der Fertigpackung aufgeführt werden (z. B. "Sauerteig"), wenn ihr Anteil am Endprodukt weniger als 25 % betrug. Diese Regelung ist nunmehr abgeschafft; es müssen die einzelnen Komponenten einer zusammengesetzten Zutat aufgeführt werden (mit wenigen Ausnahmeregelungen für zusammengesetzte Zutaten mit einem Anteil von bis zu 2 % im Fertigprodukt).

Schwerpunkt der Neuregelung ist ohne Zweifel die so genannte Allergenkennzeichnung. Bei der Herstellung von Lebensmitteln werden bestimmte Zutaten oder andere Stoffe verwendet, die bei Verbrauchern Allergien oder Unverträglichkeitsreaktionen auslösen können. Wegen der möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen ist nunmehr die Kennzeichnung des Gehalts solcher Stoffe (= Allergenkennzeichnung) vorgeschrieben. Die in der Anlage zur Richtlinie 2000/13/EG aufgeführten Zutaten bedingen die Kennzeichnungspflicht. Diese Liste unterliegt einer ständigen Überprüfung und Aktualisierung. In der zur Zeit geltenden Fassung sind folgende Zutaten aufgeführt:
  • Glutenhaltiges Getreide (d. h.: Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder Hybridstämme davon) sowie daraus hergestellte Erzeugnisse
  • Eier und Eiererzeugnisse
  • Fisch und Fischerzeugnisse
  • Erdnüsse und Erdnusserzeugnisse
  • Soja und Sojaerzeugnisse
  • Milch und Milcherzeugnisse einschließlich Lactose
  • Schalenfrüchte sowie daraus hergestellte Erzeugnisse, d. h.: Mandeln (Amygdalus communis), Haselnüsse (Corylus avellana), Walnüsse (Juglans regia), Kaschunüsse (Anacardium occidentale) Pecanüsse (Carya illinoiesis) und Paranüsse (Bertholletia excelsa)
  • Pistazien (Pistazia vera), Macadamianüsse und Queenslandnüsse (Macadamica ternifolia)
  • Sellerie und Sellerieerzeugnisse
  • Senf und Senferzeugnisse
  • Sesam und Sesamerzeugnisse
  • Schwefeldioxid und Sulfite in einer Konzentration von mehr als 10 mg/kg oder 10 mg/l, angegeben als Schwefeldioxid

Durch die Richtlinie 2006/142/EG ist die vorgenannte Liste um zwei weitere Zutatengruppen erweitert worden:
  • Lupine und Lupinenerzeugnisse
  • Weichtiere und Weichtiererzeugnisse

Beide Zutatengruppen können für die Erzeugnisse der Bäckerei/Konditorei von Bedeutung sein, z. B. Lupinenmehl als Zumischung in Fertigmehlen für funktionelle Gebäcke bzw. Weichtiererzeugnisse für Snacks und kleine Speisen.

Es gibt Ausnahmen bei der Allergenkennzeichnung:

Keine Kennzeichnung allergener Zutaten ist beispielsweise erforderlich,
  • bei einer Verkehrsbezeichnung, die auf allergene Zutaten schließen lässt (z. B. "Haselnussmakronen")
  • bei unentgeltlicher Abgabe von Lebensmitteln (z. B. an die "Tafel") oder bei Zugaben (z. B. Keks zum Espresso)
  • bei Selbstbedienung am gedeckten Tisch, wenn der Anschein des Lebensmittels nicht auf allergene Zutaten schließen lässt


  • Die Möglichkeit für eine eingeschränkte Kennzeichnung allergener Zutaten gibt es für handwerklich arbeitende Konditoreien und vergleichbare Betriebe mit tagesaktuellem Produktsortiment (= Aushang mit Hinweis auf tagesaktuelle Rezepturabweichungen) sowie für Gaststätten und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (= Fußnoten in Speisekarten oder Preisverzeichnissen).

    Die Allergenkennzeichnung ist gänzlich aufgehoben für bestimmte aus Allergenen der obigen Liste hergestellte Zutaten, bei denen aufgrund ihrer Gewinnungsweise eine allergene Wirkung ausgeschlossen erscheint (z. B. Glukosesirup auf Weizen- oder Gerstenbasis, z. B. vollständig raffiniertes Sojabohnenöl oder Sojabohnenfett).

    Anhand der obigen Liste ist erkennbar, dass für die Erzeugnisse der Bäckereien-Konditoreien eine sehr umfangreiche Kennzeichnungspflicht entsteht (z. B. allein schon im Hinblick auf alle Gebäcke mit glutenhaltigen Getreideerzeugnissen). Die Fachorganisationen haben sich darum bisher erfolgreich bei den Beratungen zur Umsetzung der EG-Richtlinie in deutsches Recht gegen eine Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf unverpackte Lebensmittel gewehrt. Die Verbraucherverbände und das zuständige Bundesministerium vertreten dagegen die Ansicht, dass nur mit einer umfassenden Kennzeichnungspflicht bei allen Lebensmittelangeboten der angestrebte Gesundheitsschutz zu erreichen sei.

    Wie bisher bei der Umsetzung der Vorschriften zur LMKV wird bei Lebensmitteln in Fertigpackungen die Kennzeichnung allergener Stoffe im Zutatenverzeichnis erfolgen. Im Falle einer künftig möglichen Kennzeichnungspflicht für unverpackte Lebensmittel ist außer der Kennzeichnung auf Schildchen neben den betreffenden Erzeugnissen die so genannte „Kladdenlösung“ möglich. Dabei werden in einer Liste/Datei, die in der Verkaufsstelle zugänglich ist und auf die die Kunden in angemessener Form hingewiesen werden müssen, die im Sortiment befindlichen Waren mit den enthaltenen kennzeichnungspflichtigen Zutaten aufgeführt. Diese Lösung ist vorteilhaft, weil damit eine unübersichtliche Beschilderung vermieden wird, die Angaben gezielt für informationsbedürftige Kunden bereitgestellt werden und weil sie darüberhinaus dem Backwarenanbieter die rationelle Zusammenfassung mehrerer Informationspflichten erlaubt (z. B. auch die Kennzeichnung von Zusatzstoffen). Allerdings muss gewährleistet sein, dass diese Liste/Datei laufend „gepflegt“ wird, damit Fehler in der Kennzeichnung vermieden werden.

    Das Fehler-Problem bei der Allergenkennzeichnung ist nicht nur im Hinblick auf die Aktualisierung vorhandener Informationen gegeben. Es besteht auch bei den zu bedenkenden Produkten, denn selbst kleinste Mengen eines allergenen Stoffes im Endprodukt (z. B. als Bestandteil einer zusammengesetzten Zutat oder als Folge eines unbeabsichtigten „cross-contacts“) können bei betroffenen Verbrauchern die Erkrankung auslösen bzw. beim Lebensmittelhersteller zu Regressforderungen nach dem Produkthaftungsgesetz führen. Das Kennzeichnungsrecht erstreckt sich aber nur auf die aktiv zugesetzten Zutaten, nicht aber auf den unbeabsichtigten Eintrag allergener Stoffe. Die zum Teil geübte Praxis eines allgemeinen Hinweises auf möglicherweise enthaltene allergene Stoffe in den Produkten löst dieses Problem für Anbieter und Verbraucher nicht. Hier ist vielmehr eine intensive Schulung der Beschäftigten in Produktion und Verkauf nötig, und darin liegen Vorteile für die Marktbehauptung kleiner handwerklicher Betriebe mit Kundenorientierung.
     
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